Unser Qualitätsverständnis ist mit unverständlichen Normen standardisiert. Qualität ist Quotenkalkül des mathematischen Quotienten aus Erfüllung und Erwartung ausgedrückt durch möglichst hochprozentige Kundenzufriedenheit, die oft nicht mehr und nicht weniger bedeutet als der relative Anteil von Kunden, der nicht reklamiert hat. Es gab einst etwas Anderes vor der Erfindung der Qualität. Man kann es mit Meisterschaft bezeichnen.
In seinem Essay Lob der Meisterschaft hat der Japaner Tanizaki Jun'ichiro das Verständnis des Meisterhaften und Meisterlichen in Worte gefasst. Es geht um Funktion und um Perfektion. Es ist sowohl "form follows function" als auch "function follows form". Der Meister entscheidet, wie weit er Material, Design, Entwicklung, Konstruktion und Produktion als Einheit treibt bis er selbst zufrieden ist. Er setzt den Maßstab der Anforderung und er müht sich um die Erfüllung seines Maßstabs. Er ist der Meister. Solche Meisterstücke gibt es durchaus noch und wieder nicht nur im handwerklichen, sondern auch im industriellen Bereich. Nicht nur in Japan, sondern auch in Deutschland und anderswo. Manche dieser Gegenstände (Es widerstebt mir, sie Produkte zu nennen.) sind minimalistisch im Design und maximalistisch in der Funktion. Sie sind in sich selbst widerspruchsfrei und kommen mit ihrem Nutzer zu einer Einheit. Sie sind nicht mit einer Kennzahl für Qualität zu beurteilen. Sie entziehen sich erst recht einer kostenbezogenen Qualitätsmessung oder -bewertung. Sie haben keine Marktpräsenzdauer und keinen Modellzyklus, die kürzer als die gesetzliche Gewährleistungsfrist für Produkte sind. Nicht die "cost of ownership" ist ihr Kriterium, sondern der "benefit of use". Es gibt solche Gegenstände. Es gibt eine solche Selbstverwirklichung eines Meisters. Und es gibt geneigte Menschen, die solche Gegenstände und ihre Meister schätzen.
Und es gibt diesen lesenswerten Essay in deutscher Übersetzung vom Manesse Verlag. Garantiert frei von der Normensyntax und Normensemantik der DIN EN ISO 9001.